Autofreies Lauratal und geplanter Radschnellweg
„Über das „autofreie Lauratal“ und den geplanten Radschnellweg wurde in letzter Zeit viel geschrieben und diskutiert. Der Diskurs wurde zunehmend emotional geführt, dies nicht zuletzt deshalb, weil die FWW mit dem „autofreien Lauratal“ ein Projekt kritisiert haben, in das die Veranstalter viel Zeit und Energie investiert haben und das aktuell stark beworben wird. Wir möchten betonen, dass uns nicht daran gelegen ist ein Projekt unserer politischen Mitstreiter schlecht zu machen. Wir wollen verbessern. Es wurde zuletzt moniert, dass wir kritisieren ohne Alternativen zu bieten, das möchten wir gerne nachholen: Die in der Stellungnahme der Veranstalter (Schwäbische Zeitung vom 14.10.22) erklärten Ziele des Bündnisses könnten beispielsweise auch erreicht werden, indem sich die Radfahrer auf dem Öschweg treffen und ihr Happening mit Begegnung im Lindenhofstadion machen.
Zur Stellungnahme der Veranstalter des „autofreien Lauratal“ in der SZ vom 14.10.22: Das Aktionsbündnis als Veranstalter hat bei seinen Berechnungen zu Mehrkilometern falsche Zahlen zugrunde gelegt: Bei den zugrunde gelegten 1.000 betroffenen Autofahrern betragen die Mehrkilometer nicht 1.500, sondern 5.000 km. Der Umweg, wenn man nicht durchs Lauratal fahren kann, beträgt nämlich nicht 1,5 Kilometer, sondern 5 Kilometer. Bei Hin- und Rückfahrt wäre die Zahl der Mehrkilometer sogar noch zu verdoppeln.
Die Logik des Aktionsbündnisses, wonach laut unserem Argument bei Sperrungen und damit verbundenen Umwegen keine Veranstaltungen (Blutfreitag, Rutenmontag) mehr stattfinden dürften, ist ebenfalls falsch oder verkennt die Stoßrichtung der Argumentation. Eine Aktion die Co2-sparen als Selbstzweck hat (Städele und Kessel in der SZ vom 14.10.22: „Allerdings habe auch Weingarten unterschrieben, das Schussental CO2-neutral werden zulassen. Das „Autofreie Lauratal“ solle ein Beitrag dazu sein“) wird widersinnig, wenn dadurch mehr Co2 ausgestoßen wird. Dass andere Aktionen (Blutfreitag, Rutenmontag) mit Co2-Ausstoß verbunden sind ist unbestritten, aber die Vermeidung des Co2-Ausstoßes ist auch nicht deren Aktionszweck.
Infolge der öffentlichen Diskussion ist uns klar geworden, dass einige Menschen den FWW keine Kompetenz in Verkehrs- und Klimafragen zutrauen. Wir wurden immer wieder aufgefordert selbst das Rad zu benutzen, da die Nutzung des Fahrrads bei diesen Menschen als (einziger?) Indikator für das Vorhandensein eines ökologischen Gewissens gilt. Diese Menschen seien darauf hingewiesen, dass die FWW bei der Aktion „Stadtradeln“ in den letzten Jahren immer weit vor den „Grüne Radler*innen“ lagen, denen bezüglich Verkehrspolitik größte Kompetenz zugetraut wird. Beispielsweise beim „Stadtradeln 2022“ lagen die FWW mit 11 aktiven Radlern und insgesamt 2.945 Km weit vor den „Grüne Radler*innen“, die mit 4 aktiven Radlern und insgesamt 1.319 Km nicht einmal halb so viel zustande gebracht haben.
Auf die Frage der Leserbriefschreiberin Tonoli (SZ vom 18.10.22) „wo sind Ihre Ideen für eine ökologische Verkehrswende?“ können die FWW folgendes antworten: Die FWW haben den neuen OB gleich zu Beginn seiner Amtszeit zu einer Radtour durch die Stadt eingeladen, bei der die von uns kritisierte Radwegtrasse abgefahren und deren Nachteile beleuchtet wurden, dieser Einladung ist auch die CDU-Fraktion gefolgt (siehe Foto). Die FWW sehen das größte Problem am existierendem Radweg, von Baienfurt nach Ravensburg, entlang der alten B30 in den Wartezeiten an vielen Ampeln und über 16 Kreuzungen, zusätzlich zu unzähligen privaten und gewerblichen Ausfahrten.
Der Umbau in den derzeit geplanten Radschnellweg würde daran nichts ändern, zumindest sind bei der Planung keine Mittel für Unterführungen, Überführungen oder Ampelanlagenabbau vorgesehen.
Zudem läuft die momentan noch geplante Trasse neben dem Hauptverkehrsstrom, der bei Wegfall zweier Fahrspuren zugunsten des Radwegs zu Stoßzeiten aufgestaut werden könnte. Die Abgase dieses Hauptverkehrsstroms sind sicherlich nicht gesund, die Trasse auch aus diesem Grund nicht ideal.
Die vielfach monierten „Schachtdeckelbeschwerden“ des aktuellen Radwegs sind berechtigt, aber Jammern auf ganz hohem Niveau. Schlaglöcher sind bei der Radtour keinem der Teilnehmer aufgefallen.
Dagegen fehlen unserer Ansicht nach wichtige Zubringer-Radwege. Bei diesen ist die Not größer als am existierenden Radweg. Es sollte also dringend über die Priorisierung nachgedacht werden.
Wir wollen den Wegfall zweier Fahrspuren nicht zwingend verhindern. Aber bevor final darüber beschlossen wird dass zwei Fahrspuren wegfallen, muss durch einen mehrmonatigen Versuch (bei dem zwei Fahrspuren gesperrt werden) überprüft werden welche Folge der Wegfall zweier Spuren für den real existierenden Verkehr hat. Ein Aufstauen und damit verbundenen Ausweichverkehr durch Wohngebiete, oder gar die Notwendigkeit der Schaffung einer weiteren Ausweichstraße wollen wir unbedingt vermeiden. Dabei ist uns klar, dass es die Zielsetzung des geplanten Radwegs ist mehr Menschen zur Benutzung des Fahrrads zu bewegen. Wir unterstützen dieses Ziel. Gleichzeitig sind wir aber realistisch genug zu erkennen, dass der (elektro?-)motorisierte Individualverkehr niemals ganz verschwinden wird.
Für den Fall, dass die Spuren tatsächlich entbehrlich sein sollten, wäre unserer Ansicht nach trotzdem nicht zwingend ein Radweg an dieser Stelle notwendig. Es kommen sinnvolle und ökologische Alternativen für die Nutzung des gewonnenen Raums in Betracht. Zu denken ist an eine Busspur, Wohnbebauung, Begrünung… Vieles ist denkbar, es muss aber vernünftig geplant und durchdacht werden. Es darf keine Denkverbote geben.
Deshalb wurden bei der Radtour auch alternative Trassen abgefahren, die von uns befürwortet werden. Wir wollen nicht Radverkehr verhindern, sondern Verkehr allgemein sinnvoll gestalten und so zur Mobilitätswende beitragen. Leider wird über solche Aktionen nicht berichtet (siehe unser Artikel im „Weingarten im Blick“ vom 28.10.22), weshalb den FWW nach wie vor nicht zugetraut wird vernünftige, ökologische Verkehrspolitik zu machen. Im Gegensatz zu unseren politischen Mitbewerbern stürzen wir uns aber nicht blind auf jedes Projekt mit dem Etikett „Fahrrad“ oder „Öko“, sondern prüfen zunächst, ob das Projekt auch tatsächlich hält was es verspricht. Dass dies beim „autofreien Lauratal“ nicht der Fall ist, haben wir oben nachvollziehbar vorgerechnet, deshalb wurde dieses Projekt als Beispiel gewählt. Für die aktuell geplante Radwegtrasse bestehen unsererseits dieselben Bedenken. Unsere Fraktion hat diesbezüglich unplausible Planungszahlen an verschiedenen Stellen hinterfragt und noch keine befriedigenden Antworten bekommen. Wir halten es für verantwortungslos Planungen voran zu treiben, für die kein belastbares Zahlenmaterial vorliegt.
Denjenigen die uns für die „ewig-gestrigen“ halten sei eine kritische Selbstprüfung empfohlen. Es könnte auch sein, dass derjenige zu den „ewig-gestrigen“ zählt, der alten, überholten Klischees verhaftet ist und nur einer Partei ökologische Verkehrspolitik zutraut, die vor langer Zeit mit vorrangig ökologischen Zielen gegründet wurde. Wir sind effizient und realistisch und halten nichts von Symbolpolitik. Deswegen stehen wir mittlerweile alltäglichen Protestaktionen, zu denen auch das „autofreie Lauratal“ zählt kritisch gegenüber. „Fridays for future“ war nicht der erste, aber wohl wirksamste Weckruf mit dem Aktionsziel „Bewusstsein für Klimakatastrophe schaffen“. Vor allem die Jugend hat der ganzen Welt gezeigt an welchem Punkt wir stehen und die Botschaft ist angekommen. Zwar gibt es Leugner, aber auch diese wissen um die Problemstellung und mit deren Unvernunft muss die Gesellschaft umgehen. Die Große Masse hat die Botschaft und die Dringlichkeit erfasst. Jetzt gilt es nicht mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu gewinnen, sondern die gewonnenen Erkenntnisse gemeinsam umzusetzen. Protestaktionen leben vom „Unsinn“ der veranstaltet wird, um dadurch Aufmerksamkeit zu gewinnen, die bereits vorhanden ist. Gleichzeitig spalten die Protestaktionen die Gesellschaft, weil vernünftig denkende Menschen nicht nachvollziehen können, weshalb es weiterhin notwendig ist Kunstwerke zu beschmieren oder Menschen festzukleben. Wir können uns aber keine Zeitverluste durch Uneinigkeit der Gesellschaft mehr leisten. Wir müssen konstruktiv zusammen arbeiten. Deshalb fordern wir Sie auf mit uns in Kontakt zu treten. Wir stehen sachlicher Kritik offen gegenüber. Noch mehr freuen wir uns aber über konstruktive Vorschläge. Wir sammeln diese, verarbeiten Sie weiter und wirken bei der Umsetzung mit. Wir freuen uns Über Ihre Rückmeldungen!“